Drei Jahre Entsammeln

Neue Ordnung im alten Haus

Was passiert, wenn die Menschen aus dem Emmental mitbestimmen dürfen, was mit ihrem kulturellen Erbe geschieht? Diese Frage stellten wir uns vor mehr als drei Jahren – und wagten ein ungewöhnliches Experiment: Wir überarbeiteten unsere Museumssammlung gemeinsam mit der Bevölkerung.

Inzwischen sind drei Jahre vergangen und das Projekt «Alt Sucht Neu. Das Regionalmuseum entsammelt, mach mit!» kommt zu einem Abschluss. Auch wenn wir in ein paar Jahren wieder entsammeln müssen, auch wenn das Projekt weiterzieht, in andere Museen, und auf Fachtagungen diskutiert wird: Heute setzen wir einen Punkt, ziehen Bilanz, resümieren.

Zusammenfassung

Das Regionalmuseum Chüechlihus beherbergt eine Sammlung von zirka 25’000 Objekten. Diese Kulturgüter wurden ab 2021 umfassend gesichtet, neu bewertet, und die nicht ausgestellten Objekte in ein neues Depot gezügelt. Einige dieser Objekte waren mehrfach vorhanden, unvollständig, oder wir kannten deren Geschichte nicht. Deshalb stellte sich die Frage: Welche Objekte bereichern die Sammlung weiterhin, und welche könnten anderswo sinnvoller genutzt werden? 

Tatsächlich unterhalten viele Museen Depots mit tausenden Objekten, von denen ein grosser Teil möglicherweise nie öffentlich gezeigt oder anderweitig genutzt wird. Unsere Entsammlung sollte genau diesen Objekten, die nicht länger zur Sammlung und deren Entwicklung beitragen, ein drittes Leben schenken. Durch ihre Wiederbelebung könnten sie an einem anderen Ort idealerweise sinnvoller weiterverwendet und wieder Teil eines Kreislaufs von Kultur und Geschichte werden.

Unsere zentrale Erkenntnis lautet: Wer sammelt, muss von Zeit zu Zeit auch entsammeln – und das Weiterleben der Objekte ermöglichen.

Projektphasen: Entsammlung als gemeinschaftliches Projekt

Als öffentliche Institution war es dem Museum von Anfang an ein Anliegen, den Prozess des Entsammelns offen zu gestalten und die Bevölkerung aktiv einzubeziehen. Dreh- und Angelpunkt war während der ganzen Zeit die Website ENTSAMMELN.CH. Hier wurden alle Objekte und Projektschritte sichtbar gemacht. Ausstellungen und Veranstaltungen begleiteten den Prozess.

Die dreijährige Entsammlung wurde in drei wiederkehrende Phasen gegliedert:

  1. Abstimmen

    Die Emmentaler Bevölkerung bestimmte mit, welche Objekte die Sammlung verlassen sollten. Begleitend wirkte das Gremium «Objektrat #AltSuchtNeu» mit. Diese Gruppe wurde jedes Jahr neu zusammengesetzt und entschied ebenfalls mit, welche Objekte aus der Museumssammlung entlassen werden. Im Objektrat vertreten waren zufällig ausgeloste Emmentaler:innen und Personen aus Verwaltung, Politik und Museum.

  2. Bewerben

    Für alle ausgestellten und auf der Website sichtbaren Objekte nahm das Museum Bewerbungen entgegen. Alle – Museen, Institutionen, Vereine, Privatpersonen –, die sich für ein bestimmtes Objekt interessierten, konnten sich mit einer Idee für eine weitere Verwendung melden. Die eingereichten Vorschläge stammten mehrheitlich aus der Region, kamen aber auch aus anderen Orten der Schweiz und sogar aus dem Ausland.

  3. Abstimmen & Abholen

    Die Emmentaler Einwohner:innen und Heimatberechtigten sowie der Objektrat stimmten darüber ab, welche Ideen zur Umsetzung gelangen sollten und damit auch, wer welche Objekte erhält – die überzeugendsten Vorschläge setzten sich durch. Der gesamte Prozess konnte online eingesehen werden. Den feierlichen Abschluss des Entsammlungsjahres bildete jeweils der Chüechlihus-Sunndig. An diesem Tag wechselten die Objekte zu ihren neuen Besitzer:innen: Diese kamen persönlich ins Museum, um ihre Kulturgüter in Empfang zu nehmen.

Zahlen: Breite Resonanz und öffentliches Interesse

Für die Abstimmung standen insgesamt 2’644 (2022: 154/2023: 2’059/2024: 431) Objekte zur Auswahl. Sie boten dem Museum keinen Mehrwert (mehr). 1’939 (2022: 823/2023: 637/2024: 479) Emmentaler:innen stimmten online darüber ab, welche Objekte bleiben oder aus der Museumssammlung weggegeben werden sollten. 261 (2022: 69/2023: 105/2024: 87) Personen bewarben sich mit insgesamt 913 unterschiedlichen Ideen auf die Objekte. Das Resultat ergab, dass 2’507 Objekte (2022: 140/2023: 2’023/2024: 411) aus der Museumssammlung entlassen werden konnten. 1’990 (2022: 116/2023: 1510/2024: 364) Objekte erhielten durch Beweber:innen ein neues Zuhause, die mit ihren Ideen für eine Weiterverwendung der Gegenstände überzeugten. Aus den 24 Objekten die 2022 kein neues Zuhause erhielten, entstand eine neongelbe Skulptur. 446 Objekte, für die es 2023 keine Bewerbungen gab, gingen mehrheitlich an Hochschul- und Upcyclingprojekte, ein sehr kleiner Teil wurde entsorgt.  Im Jahr 2024 waren es nochmals 47 Objekte, die keine Bewerbung fanden. Sie wurden ähnlich wie 2023 verteilt.

Die Plattform ENTSAMMELN.CH verzeichnete rund 27’692 (2022: 5’000/2023: 13’466/2024: 9’226) Zugriffe. Diese erfolgten 2022 aus 45 Ländern, 2023 aus weltweit 122 Ländern und 2024 aus 101 Ländern. Insgesamt wurden 419’698 (2022: 113’000/2023: 184’552/2024: 122’146) Klicks gezählt. Das Projekt wurde in rund 100 Medienberichten vorgestellt. Es fanden 12 Treffen (4 pro Jahr) mit dem Objektrat statt. An den öffentlichen Veranstaltungen nahmen total rund 3’000 Besucher:innen teil.

Herausforderungen

Ein mehrjähriges Projekt, das von verschiedenen Menschen in wechselnden Konstellationen begleitet wird, auch sensible Themen anspricht, öffentlich sichtbar ist, Transparenz fordert, online präsent ist und zu Veranstaltungen sowie Ausstellungen einlädt, bringt zwangsläufig Herausforderungen mit sich. Einige zentrale Aspekte:

  • Verständnis und Vertrauen: Sorgfalt und Professionalität sollten nicht nur gewahrt, sondern auch aktiv vermittelt werden. Das Museum pflegte zu jeder Zeit einen transparenten Umgang mit sämtlichen Projektschritten und Objekten. Gleichzeitig diente es als Anlaufstelle für Fragen, Rückmeldungen, Anregungen und Kritik. Das Vertrauen, das dadurch aufgebaut wurde, musste kontinuierlich durch konsequenten Austausch mit allen Beteiligten erarbeitet und bewiesen werden.
  • Ressourcen: Das Engagement für den Erhalt der Kulturgüter war nicht nur eine formelle Verpflichtung, sondern wurde bewusst gelebt – ein Anspruch, der erhebliche Ressourcen erforderte. Als ambitioniertes und erstmalig in dieser Form durchgeführtes Projekt erforderte jede Entsammlung eine durchdachte Planung, eine effiziente Umsetzung sowie eine kluge Nutzung personeller und finanzieller Mittel.
  • Kommunikation: Eine breite Zielgruppe, eine lange Projektdauer und sich wiederholende Abläufe erfordern eine klare, konsistente und verständliche Kommunikation, um Missverständnisse zu vermeiden und den Informationsfluss sicherzustellen.

Weitere Herausforderungen und Erkenntnisse gibt es im Feedback weiter unten zu lesen.

Vom Projekt zum Programm

Heute wissen wir, dass die letzten drei Jahre weit mehr waren als nur ein einmaliges Projekt – die Entsammlung hat unsere zukünftige Museumsarbeit geprägt. Einige Erkenntnisse im Überblick:

  • Ist es sinnvoller, ein Objekt über Jahrzehnte ungenutzt zu lagern oder ihm an einem neuen Ort eine geeignete Verwendung zu geben? Die öffentliche Entsammlung verlieh unseren Objekten aus den Depots eine neue Sichtbarkeit und Wertschätzung. Fotografien und Ausstellungen haben ausserdem dafür gesorgt, dass sie ins Bewusstsein gerückt sind.
    => Respekt und Nachhaltigkeit im Umgang mit Kulturerbe
  • Durch die Mitbestimmung der Bevölkerung konnte wertvolles neues Wissen gewonnen werden, das dazu führte, dass einige Objekte, die ursprünglich zur Abgabe vorgesehen waren, in der Sammlung verblieben. Diese zum Teil unerwarteten Entwicklungen zeigen, dass gemeinsames Wissen die Existenzberechtigung einer Sammlung stärken kann.
    => Partizipation und Crowdsourcing als Bereicherung
  • Museumsarbeit findet oft hinter verschlossenen Türen statt. Die transparente Gestaltung des Entsammlungsprozesses forderte eine kontinuierliche Reflexion und Eigenkontrolle. Dies führte zu einer verantwortungsvolleren Form der Sammlungspflege.
    => Reflexion und Verantwortung
  • Durch die enge Zusammenarbeit mit der Bevölkerung konnte eine tiefere Bindung zwischen Museum und Mensch aufgebaut werden. Gegenseitige Wertschätzung und gemeinsames Engagement stärken diese Verbindung nachhaltig.
    => Beziehungspflege und Identifikation
  • Unsere Entsammlung hat nicht nur neue Perspektiven eingebracht, sondern inspirierte zu neuen Ideen und Projekten – bei denjenigen, die mitgemacht haben und auch in anderen Museen.
    => Innovation und Inspiration

Publikation: Erkenntnisse und Einblicke

Bleibende Eindrücke: Ein Streifzug durch die vergangenen drei Jahre

In den Blogbeiträgen der vergangenen drei Jahre lassen sich die verschiedenen Projektphasen, Objekte, Anlässe und Ausstellungen entdecken – begleitet von zahlreichen Bildern:

Unser Projekt wurde in den Medien ausgiebig besprochen. Hier geht es zur Berichterstattung:

Routine – und warum es trotzdem nie langweilig war

Der Start eines neuen Projekts ist geprägt von Euphorie. Das Team ist hochmotiviert, Ideen sprudeln, werden diskutiert, getestet, verworfen oder weiterentwickelt. Fehler gehören dazu – sie sind Teil des kreativen Prozesses. Wird dasselbe Projekt ein zweites Mal durchgeführt, verändert sich die Dynamik. Die Abläufe sind vertrauter, die Beteiligten besser eingespielt. Erfahrungen aus der ersten Runde fliessen in Verbesserungen ein. Es wird optimiert, präzisiert, effizienter gestaltet. Beim dritten Mal setzt Routine ein. Das Projekt läuft stabil, Überraschungen werden seltener, der Kurs ist gesetzt. Doch mit der Routine kommt die Herausforderung, wie Energie und Innovationsgeist aufrecht erhalten werden können.

Wir haben versucht, uns kontinuierlich weiterzuentwickeln. Durch Anpassungen ist unser Projekt lebendig geblieben:

  • Offenheit für neue Ideen, Kritik und frische Perspektiven
  • Prüfung und Aufnahme neuer Impulse von Mitwirkenden, etwa aus dem Objektrat und der Bevölkerung
  • Unterschiedliche Objekte entsammeln, die für Abwechslung sorgen und neuen Fokus legen
  • Eine breite Zielgruppe im Blick haben, die immer wieder neue Anforderungen stellt

Das Projekt sollte zu keinem Zeitpunkt starr funktionieren, sondern in Form eines dynamischen Prozesses. Drei Jahre Entsammlung mag sich anfühlen wie ein Langstreckenlauf – aber einer, der mit immer neuen Etappen und Entdeckungen spannend geblieben ist und Steine für zukünftige Projekte ins Rollen brachte.

Feedback

Nach jedem Entsammlungsjahr führten wir eine Umfrage unter all jenen durch, die aktiv am Projekt beteiligt waren – sei es durch eine Online-Abstimmung oder durch eine Bewerbung für ein oder mehrere Objekte. Auch unsere Objekträt:innen wurden zu ihrer Beteiligung und ihren Eindrücken zum Projekt befragt.

Wir haben die Ergebnisse der letzten drei Jahre analysiert, diskutiert und miteinander verglichen. Einige Trends, Entwicklungen und Rückmeldungen haben wir hier herausgegriffen.

Übrigens, die älteste Person unter den Beteiligten hatte Jahrgang 1945, die jüngste 2007. Das Entsammeln hat sich also durchaus zu einem generationenübergreifenden Projekt entwickelt, was uns sehr freut.

Umfragen im Fokus

Teilnahme

Wie einfach oder schwierig war es, bei unserer Entammlung mitzmachen? Der Aufwand für die Einreichung einer Bewerbung nahm für die Beteiligten über die drei Projektjahre hinweg tendenziell ab. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass einige Personen mehrfach teilnahmen und den Ablauf immer besser kannten. Zudem wurden vom Museum jährlich Anpassungen vorgenommen, um eine Teilnahme weiter zu erleichtern: wir wollten den Zugang zur Entsammlung möglichst niederschwellig gestalten und haben deshalb im Prozess immer wieder zu optimieren versucht.

Vielfalt der Bewerbungen

Ein Blick auf die eingereichten Bewerbungen der letzten drei Jahre zeigt eine Veränderung: Zwischen 2022 und 2024 nahm zwar nicht die Anzahl der Bewerbungen ab, jedoch die kreative Vielfalt der Bewerbungen. Das Museum erhielt je länger das Projekt dauerte umso weniger ausgefallene Ideen und aufwändig ausgearbeitete Bewerbungen von Interessierten.

Dies hängt sicherlich einerseits mit den Erfahrungen im Rahmen der Teilnahme am Projekt zusammen, dass auch nicht aufwändig gestaltete Bewerbungen als gute Ideen für Weiterverwendungen gewertet wurden und den Zuschlag erhielten. Andererseits hat sich die Zusammensetzung der Arten der Objekte jedes Jahr verändert. War es im ersten Jahr noch ein Potpourri aus verschiedensten Objektkategorien, die auch ursprünglich unterschiedlichste Verwendungszwecke hatten, so setzten sich 2023 und 2024 die zu entsammelnden Objektgruppen aus ähnlichen Objektkategorien (2023: Textilien & Accessoires / 2024: Werkzeuge) zusammen.

Unser Kulturerbe

Mit dem Projekt wollten wir die Bevölkerung dazu anregen, sich mit unserem Kulturerbe und den Aufgaben des Museums auseinanderzusetzen. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass es uns gelungen ist, solche Gedanken bei den Teilnehmenden der Entsammlung anzustossen.

Kommunikation und Information

Unsere Massnahmen zur Information haben funktioniert. Während der drei Entsammlungsjahre mussten wir die Kommunikation jedoch fortlaufend anpassen, um den verschiedenen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Eine weitere Erkenntnis ist, dass Kommunikation kein Selbstläufer ist: Sie erfordert kontinuierliche Aufmerksamkeit sowie eine gezielte und breit angelegte Herangehensweise. Als Querschnittsaufgabe bleibt sie essenziell für das Gelingen des Projekts.

Kontakt zum Museum

Das Regionalmuseum Chüechlihus wurde im Laufe des Projekts zunehmend von neuen Personen entdeckt. Dies deutet darauf hin, dass es uns gelungen ist, neue Interessierte anzusprechen und nach Langnau zu locken. Sie traten neu mit dem Museum in Kontakt, um sich mit dem lokalen Kulturerbe, unseren Objekten und unserer Entsammlung auseinanderzusetzen.

Beteiligung schafft Identifikation

Das Objekt, das jemand aus dem Museum erhalten hat, hat heute für die Beteiligten eine tiefere Bedeutung.

Durch die Partizipation entstand offenbar eine starke Identifikation mit dem Museum, dem Ort und dem Kulturerbe. Wir hoffen, dass der Grad der Partizipation das Verständnis für die Handlungen, Entscheidungen und Aktionen des Museums jetzt und auch in Zukunft beeinflussen. Die Umfrage zeigt, dass je mehr Engagement einer Person, bzw. je höher der grad an Partizipation, desto grösser das Verständnis für die Prozesse im Museum und die Bedeutung des Kulturerbes.

«Was ist aus deinem Objekt geworden, was hast du damit gemacht?»

Antworten (Auswahl):

  • Waffeleisen ist in Gebrauch über dem Feuer. Grade mit den Kindern draussen jedesmal ein Fest 😉
  • Das Butterfass ist bisher Deko.
  • Da das Objekt zu klein war für mein Bretzeleisen, habe ich es jemandem verschenkt, der ein passendes hat. Der Herr wird es nun zum Einsatz bringen. Ende gut, alles gut!
  • Ist privat ausgestellt – werde es später noch beschriften.
  • Ich werde es nächsten Frühling mit Blumen bepflanzen
  • Hutschachtel: sie steht als Dekoobjekt in meinem Atelier (da werden unter anderem Hüte hergestellt)
  • Bräzelieisen: war schon in Gebrauch auf meinem Holzherd. Das Handling will geübt sein 🙂
  • Der Stuhl steht jetzt beim Harmonium und wird gebraucht
  • Verwendung im Museumsalltag
  • Ich experimentiere mit Schattierungen und Rostdruck, danach werde ich das Objekt mit Faden weben.
  • Schöner «Schmuck» in unserem Eingangsbereich der Molkerei, absolut passend!
  • Wird im 2023 in meine Ausstellung integriert
  • Ich habe eine grosse Milch-Gebse erhalten, die ich nun mit grosser Freude als Servierbehälter von Emmentaler Spezialitäten und Apero-Häppchen verwende.
  • Objekte ausgelegt, Zustand dokumentiert, abklären, welche Stücke wie gereinigt werden, Aussortieren, welche Objekte geflickt (6 Stücke) und welche aussortiert werden müssen (2-3)
  • Weiterverwendung gemäss der ursprünglichen Funktion der Gegenstände – Patchworkkleidung aus den Textilien
  • Ich habe die Ringe bereits getragen.
  • Ich bin daran sie zu restaurieren und sie nicht zu einem neuen Etwas zu machen. Sie sollen das bleiben dürfen, was sie sind einfach nur wieder ganz.
  • Habe was vor
  • Sortiert, fotografiert, gezeigt
  • Als Deko aufgehängt
  • Die Kleidungsstücke trage ich zum grössten Teil im Alltag und komme sehr oft mit fremden sowie mit bekannten Leuten deshalb ins Gespräch. Alle Kleidungsstücke, die Verletzungen hatten, habe ich relativ zeitaufwändig von Hand geflickt.
  • Ein Hemd hab ich sogar umgenäht und trage es regelmässig selber. Die anderen kommen dann erst im nächste Jahr auf der „Bühne“ zum Einsatz.
  • Restaurieren, sie tragen, mich über ihre Geschichte informieren, einige Stoffe in Kreationen verwandeln, den Leuten in SozialeMedien davon erzählen, ihre Geschichte teilen…
  • Die Schirme, Spazierstöcke und der Schmuck werden von den Grosskindern als Accessoires beim Verkleiden sehr gerne und oft benutzt.
  • Sie kamen in einer Theaterproduktion vor und wurden während der Proben viel getragen und bewundert.
  • Ich habe mir ein Kostüm als Clownin geschneidert.
  • Drei Viertel ist fertig. Leider bin ich momentan an der Hand verletzt und kann nicht weiterfahren.
  • Beratung zum Gebrauch eingeholt, Funktion getestet
  • Objekte bleiben so wie sie sind. Sie sind zu Schulungszwecken gedacht.

Verbundenheit

«Haben sich deine Beziehung zu Museen und dein Blick auf Objekte, wenn du Ausstellungen besuchst, seit dem Projekt verändert? Inwiefern?»

Antworten (Auswahl):

  • Nein
  • Ja
  • Ich fand Museen scho immer spannend. Das interaktive macht aber Spass =)
  • Nein, Museen und generell alte Objekte, alte Häuser und Werkzeuge zu erhalten, war mir schon immer wichtig. Nur wer die Vergangenheit ehrt und deren Hinterlassenschaften zu bewahren versucht, kann die Gegenwart schätzen, beurteilen und daraus lernen. Für mich wäre das Kultur!
  • nicht gross
  • Ich finde das Thema sehr spannend. Auch in der Kunst stellt sich immer wieder die Frage, was aufbewahrt, und was entsorgt werden kann/soll.
  • Ja schon. Ich habe mich gefragt, was denn eigentlich für ein Museum als sammelwürdig gilt und wer das bzw. darüber entscheidet.
  • Ein Wenig
  • Loslassen ist auch ein Teil des Sammelns
  • Ich achte mehr auf Geschichte
  • Das Museum ist zu einem «fluideren» Ort geworden, in dessen Sammlung Gegenstände kommen, verweilen und irgendeinmal wieder gehen.
  • Ich finde und fand es schon als Kind wichtig Traditionen zu bewahren denn das macht uns aus.
  • Habe schon längere Zeit Freude an alten Sachen. Sammle diverses.
  • Ja, für mich war es neu, dass Museen Objekte auf diese Art unter die Leute bringen.
  • Nicht grundlegend, aber ich fühle mich Museen irgendwie näher.
  • Denke mehr darüber nach, was mit Gegenständen passiert, die aus einer Sammlung entlassen werden.
  • Ja, der Bezug ist persönlicher geworden
  • Es hat mir zum Nachdenken angeregt
  • differenziertere wahrnehmung. nachdenken über sammeln/horten, angebot/nachfrage, qualität von objekten…
  • Ja, dass diese Objekte einen großen emotionalen Wert haben
  • Nein. Das Thema war mir seit 20 Jahren bekannt. Die Umsetzung von euch fand ich toll.
  • Ich denke darüber nach wie sie ausgewählt wurden und was diese Wahl bedeutet.
  • Ich frage mich bei ausgestellten Objekten vermehrt, ob das ausgestellt werden sollte (zB Echthaar)
  • Ja, Was liegt wohl noch alles in den Archiven?
  • ich finde es toll, dass objekte, welche nicht mehr «aktiv» ausgestellt werden, anderswie veräussert werden; ich habe immer gedacht, alles verstaubt dann irgendwo…
  • Ja, ich fand es spannend, dass die Geschichte der Objekte genauso interessant sind wie das Objekt an sich.
  • Ja, es braucht die Bevölkerung umzu entscheiden, warum und für wen etwas wertvoll ist.
  • ich lernte Menschen kennen, die im Museum arbeiten

Wir sagen Dankeschön

Ein grosser Dank gilt allen, die mitgemacht haben, an die Unterstützer:innen und insbesondere auch an die Objekträt:innen. Sie waren zentrale Akteure, engagiert, zuverlässige und wichtige Diskussionspartner:innen sowie Multiplikatoren, die stets grosses Interesse an der sorgfältigen Umsetzung des Projekts zeigten.

Das Projekt erforderte viel Aufwand, was alle Beteiligten spürten. Dank der Entsammlung konnten wir aber hunderten Objekten ein neues Leben ausserhalb des Museums schenken. Es ermöglichte Begegnungen, Wissenstransfer und Erlebnisse, die uns auch in Zukunft begleiten werden. Dabei haben wir nicht nur unsere Sammlung aufgeräumt und neu geordnet, sondern auch klarer strukturiert. Im Sinne eines lebendigen, transparenten und partizipativen Umgangs mit unserem kulturellen Erbe haben wir die Bevölkerung aktiv in diesen Prozess einbezogen. Für das Regionalmuseum Chüechlihus und Langnau war dies eine aussergewöhnliche und wertvolle Erfahrung, die noch lange nachhallen wird. Wir hoffen, dass auch die beteiligten Privatpersonen, Institutionen und Gemeinschaften noch lange von der gemeinsamen Entsammlung profitieren werden.

Ziele

🗣 Mitsprache statt Monolog

Die Bevölkerung sollte von Anfang an in die Entsammlung miteinbezogen werden. Das gemeinsame Loslassen der Objekte macht die Sammlung des Museums lebendig.

🌱 Nachhaltigkeit trifft auf Wiederbelebung

Die Sammlungsstücke, die das Museum weitergegeben hat, sollten eine neue Bedeutung finden. Die Objekte wurden nicht nur weitergegeben, sondern wiederbelebt.

🔍 Transparenz und Partizipation

Alle Schritte der Entsammlung sollten von der Öffentlichkeit mitverfolgt werden können. Die Objekte wurden nicht entsorgt, versteckt oder weggestellt, sie wurden präsentiert, ausgestellt, diskutiert, angefasst. Das Kulturerbe gehört nicht länger allein dem Museum, sondern der Region.

📖 Spass und Reflexion

Das Entsammeln ist ein komplexer Prozess und fordert viel intensive Auseinandersetzung. Die wahre Innovation liegt in der aktiven Beteiligung aller. Die Abläufe sollten deshalb gemeinsam gemeistert werden, und: Spass machen! Alte Objekte zu neuem Leben erwecken und die Geschichte des Oberemmentals von der Bevölkerung selbst weiterschreiben lassen.

Innovation und Inspiration

Museen hüten nicht nur die Vergangenheit, sondern können ein Labor für die Zukunft sein. Das Entsammlungsprojekt aus Langnau sollte als Modell für andere (Schweizer) Museen dienen und darüber hinaus zu neuen Projekten inspirieren. Denn: Kulturelles Erbe gehört allen.

Die vergangenen drei Jahre haben gezeigt, wie wertvoll Mitsprache und Transparenz für das Gelingen einer Entsammlung sind.

Wir danken allen, die mitgemacht, mitgedacht und mitgelacht haben. 

Ausblick

Wie geht es weiter?

Das Entsammeln in Langnau i.E. ist vorerst abgeschlossen, aber es geht als Modellprojekt weiter. Auf verschiedenen internationalen Tagungen werden weiterhin Erfahrungen zum Projekt geteilt. Das Museum erhielt 2024 den Anerkennungspreis der Schweizerischen Gesellschaft für Kulturgüterschutz (SGKGS – SSPBC) für das Pioniervorhaben Entammeln #AltSuchtNeu.

Unter der Leitung von Gabriella Alvarez-Hummel und mit Unterstützung der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte (SKKG) werden wir eine Abschlusspublikation veröffentlichen.

Das Regionalmuseum Chüechlihus konnte mit seinem partizipativen Vorgehen zudem das Interesse der Dokumentarfilmemacherin Valeria Stucki wecken, die derzeit mit einer Produktionsfirma aus Lausanne eine filmische Umsetzung des Pionierprojekts plant. Ebenfalls erfreulich ist, dass bereits andere Museen zur Entsammlung inspiriert werden konnten, wie das Beispiel AUSSORTIERT.CH des Sust Museum Horgen zeigt.

Das Regionalmuseum Chüechlihus bleibt ein Ort der Begegnung und Inspiration – auch über dieses Projekt hinaus.

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