Neues Wahrzeichen für Langnau i.E.

Aus Alt wird Neu

In den vergangenen Monaten haben wir uns mit der Bevölkerung, anderen Museen und Institutionen mit den Objekten aus dem Regionalmuseum Chüechlihus auseinandergesetzt. Bei vielen Gegenständen aus unserer Sammlung macht es keinen Sinn, sie in die Museumsarbeit zu integrieren oder sie weiterhin zu verwenden. Körbe, Butterfässer, Schlitten, landwirtschaftliche Geräte und andere Kulturgüter erhalten deshalb an einem neuen Ort die Chance auf ein neues Leben. An diesem sollen sie wieder zum Einsatz kommen und gesehen werden. Die Emmentaler Bevölkerung hat zusammen mit einem siebenköpfigen Gremium, dem Objektrat #AltSuchtNeu, darüber abgestimmt und beschlossen, an wen die Objekte gehen.

Eine Skulptur für alle

Für einige der Objekte aus unserer Sammlung konnten wir kein neues Zuhause finden. Damit diese Kulturgüter aber nicht ganz verschwinden, wollten wir aus ihnen etwas Neues erschaffen.

Dieser Idee hat sich Julia Urech, Szenografin und 3D-Polydesignerin, angenommen. Sie besichtigte die rund zwanzig Objekte, analysierte Farben, sah sich in der Umgebung um und liess sich davon inspirieren.

Gemeinsam mit der Bevölkerung sollte am Chüechlihus-Sunndig, am 11. September 2022, ein neues Kunst- und Kulturobjekt entstehen. Dafür traf Julia Urech bereits vorab gewisse Vorbereitungen. Für die geplante Aktion grundierte sie alle Gegenstände wie zum Beispiel eine Truhe, defekte Betteile, eine Röndel und sprayte sie neongelb.

Geit niid, gitts niid!

Neongelbe Objektteile zieren am Chüechlihus-Sunndig den Bärenplatz vor dem Museum. Die Farbe ist von weither sichtbar und lockt Publikum an. Junge Velofahrer kurven zwischen den Gegenständen umher, ein Kleinkind klettert in einen Koffer, drei Damen betrachten die knallig gefärbten Stücke aus der Nähe.

Julia Urech baut an diesem Tag gemeinsam mit den Besucher:innen aus all diesen Einzelteilen eine Skulptur. Ihr Blick auf die ehemaligen Sammlungsstücke des Museums ist klar und deutlich. Das Bearbeiten und Verändern von Holz sei eine ausgesprochen spannende Angelegenheit, stellt sie fest. Die gelernte Bühnenbildnerin erkennt die Materialien, den Zustand der einzelnen Gegenstände und übersieht keine Details. Unter einem Betteil sind beispielsweise kleine Räder angebracht. Diese kaum sichtbaren Rollen könnten einst in Handarbeit aus Holz gemacht worden. Ein Indiz der früheren Handwerker, die oft nur mit Holz arbeiteten und Verbindungen kaum je verschraubten.

Heute ist das anders. Eine Akkubohrmaschine ist am Chüechlihus-Sunndig rund um die Uhr im Einsatz. Aus den einzelnen Teilen entsteht eine Skulptur, die uns allen erhalten bleiben und deshalb auch stabil sein soll.

Am Chüechlihus-Sunntig halten Jung und Alt vor der Skulptur inne. Die Szenografin kommt ins Gespräch mit den Passant:innen, ist eine Anlaufstelle für Fragen, Emotionen, Gedanken der Menschen vor Ort. Diese Diskussionen, die stattfinden, sind sehr wertvoll und tragen zum Nachdenken über das historische Gut, das im Emmental bewahrt wird, nach.

Schritt für Schritt werden die neongelben Objekte, die vor dem Museum platziert wurden, zusammengefügt. Wie das Kunstwerk am Schluss aussehen wird, bleibt offen. Das Motto der Szenografin Julia Urech lautet: Geit niid, gitts niid! So wächst die Skulptur während des Tages nicht nur in die Breite, sondern auch in die Höhe.

Perspektivenwechsel zulassen

Manchmal machen uns Veränderungen Angst, manchmal gefallen sie uns nicht und manchmal finden wir sogar Gefallen daran.

Die Skulptur aus den Objekten, die am Chüechlihus-Sunndig Gestalt annimmt, verkörpert Wandel und Veränderung. Beides sind Konstanten, die sich von der Vergangenheit in die Zukunft ziehen.

Mit dem Skulpturenbau wird das Neue sichtbar und gleichzeitig spürbar. Was löst die Neonfarbe in uns aus? Die Antwort ist individuell. Doch klar ist: Die Neonfarbe macht das Gebilde zu einer neuen, anderen Einheit, dank der wir das verbaute Kulturerbe anders wahrnehmen können. Genau diesen Wandel möchten wir hier im Regionalmuseum erlebbar machen und ins Bewusstsein rufen. Nur so können wir Kulturerbe immer wieder aus einer anderen Perspektiven anschauen und neu interpretieren. Denn wenn wir das nicht mehr tun, verlieren wir den Bezug dazu und damit auch die Beziehung zu den regionalen Wurzeln.

Mit dieser Skulptur, die nun vor dem Regionalmuseum Chüechlihus zu sehen ist, haben wir vielleicht ein neues Wahrzeichen für Langnau i.E. erschaffen.

Entstanden ist die Skulptur dank der Mitwirkung von: Charly Gerber, Till Gebhard, Viktoria Lüti, Hans Aufschläger, Hélène Grädel, Pino Franzen, Lenny Ceserav, Elea Ceserav, Lou Gebhard, Aimée Bucher, Elsa Schenk, Carmen Simon, Carla Schaffroth, Marc Schaffroth, Patrick Mosimann, Safri und Ursula. Unter der Anleitung von Julia Urech und Leonie Vetter.

Nachtrag

Die Skulptur stand von September bis November 2022 vor dem Regionalmuseum Chüechlihus, ging anschliessend in den Winterschlaf und wirkte dann zur Projektlancierung der neuen Entsammlungsrunde von April bis Juni 2023 erneut als Wahrzeichen von #AltSuchtNeu vor dem Regionalmuseum. Mittlerweile wurde das Werk eingelagert und Ideen für eine weitere Transformation gesammelt. (Stand: Sommer 2023)

Was bedeutet dir das Emmental?

Woher bist du? Sammelst du etwas? Welche Dinge prägen dich? Was bleibt, wenn du gegangen bist? Erzähle uns, was dir zu diesen Fragen einfällt. Wir sammeln Gedanken, Geschichten, Wünsche und Sorgen, um die Skulptur nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören.

Regionalmuseum Chüechlihus
Bärenplatz 1
3550 Langnau

Tel: 034 402 18 19
E-Mail: info@regionalmuseum-langnau.ch

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