Objektrat 2024: Erstes Treffen

Ein neues Kapitel beginnt

Ein sonniger Frühlingsabend beim Sekundarschulhaus in Langnau i.E. Die ersten Anwesenden haben sich bereits am Treffpunkt eingefunden, neugierig schweifen ihre Blicke umher, auf der Suche nach weiteren Verbündeten: Welche Personen, die hier über den Pausenplatz kommen, gehören zu uns? An diesem Mittwoch im März treffen sich die neuen Mitglieder des Objektrats zum ersten Mal. Sie alle werden Teil der Entsammlung 2024 des Regionalmuseum Chüechlihus.

Zu Fuss, mit dem Velo oder dem Auto treffen nach und nach alle Eingeladenen ein. Bei einer kleinen Vorstellungsrunde wird klar, dass viele der Anwesenden über verschiedene Ecken gemeinsame Bekannte oder andere Berührungspunkte haben. Das Eis ist gebrochen.

Besuch im Museumsdepot

Simon Schweizer, Projektleiter des Entsammlungsprojekts und Sammlungsverantwortlicher, führt in den Untergrund. Hier, im Keller des Schulhauses, befindet sich das ehemalige Militärspital und seit 2021 unter anderem das Depot mit den nicht ausgestellten Objekten des Museums. Eine Mischung aus Ehrfurcht und Geheimnis liegt in der Luft, als Simon Schweizer die Gruppe durch die labyrinthartigen Gänge führt. Hinter diesen Mauern verbirgt sich das kulturelle Erbe einer ganzen Region. 

Der Objektrat wird durch den Keller geführt und erhält Einblick in die verschiedenen Sammlungsgebiete. «Langnauer Keramik», beginnt Simon Schweizer, und zeigt auf die bemalten Teller und Krüge, die aufgereiht auf einem Regal stehen. «Jedes Stück erzählt eine Geschichte von Handwerk, Tradition und dem Leben unserer Vorfahren.» Die Gruppe lauscht, die Objekte dürfen hier aber nicht mit blossen Händen angefasst werden.

Weiter geht es zu den landwirtschaftlichen Geräten. «Das ist ein Brente», bemerkt eine Objekträtin, «damit wurde früher Milch transportiert.» Die Anwesenden beginnen, sich über die Objekte auszutauschen und rätseln teilweise über deren Funktion oder Bezeichnung: Welches der Gegenstände ist ein Milchmelchterli? Ist dort eine Gebse zu sehen? Mit welchem Gerät hier im Depot wurden früher Äpfel gepresst? Einige Anwesende erzählen von alten Dingen, die sie noch zu Hause besitzen, meist Überbleibsel ihrer Vorfahren.

Der Besuch im Museumsdepot ist eine Reise durch die Zeit und ermöglicht einen Einblick in das kollektive Emmentaler Gedächtnis; es umfasst rund 25000 Objekte.

Nach dem Augenschein macht sich die Gruppe auf den Weg ins Regionalmuseum Chüechlihus. Die Objekträt:innen tauschen bereits erste Ideen zum Entsammeln aus, inspiriert von den Kulturschätzen, die sie gerade entdeckt haben. Sie sind in diesem Jahr mitverantwortlich für die Gestaltung der Museumssammlung und damit für die Geschichte der Region, die hier aufbewahrt wird.

Im Dachstock des Museums

Beim Besuch im Dachstock bekommen die Mitglieder des Objektrats einen ersten Eindruck von der Ausstellung, die am 3. April eröffnet wird. Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Ausstellung, sondern um eine, die darauf abzielt, die Objekte wegzugeben. Die Art und Weise des Entsammelns des Regionalmuseums Chüechlihus ist neu für die Museumswelt und hat sich in den letzten beiden Jahren bewährt.

Am ersten Treffen des Objektrats #AltSuchtNeu 2024 entsteht ein Gruppenfoto mit den Anwesenden. Andreas Reber, der Fotograf seit der ersten Stunde des Projekts, klettert dafür sogar auf eine Leiter. Er begleitet seit 2022 unsere Veranstaltungen und Sitzungen.

Aus terminlichen Gründen waren nicht alle Mitglieder des Gremiums mit dabei.

Objektrat #AltSuchtNeu 2024

Der Objektrat setzt sich zusammen aus zufällig ausgelosten Einwohner:innen aus dem Emmental und Personen aus Verwaltung, Politik, Kultur und Museum. In diesem Jahr sind das:

  • Carmen Simon, Museumsleiterin
  • Simon Schweizer, Projektleiter und Sammlungsverantwortlicher
  • Martin Lehmann
  • Samuel Buri
  • Marianne Nyffenegger
  • Aurélien Gravy
  • David Jutzi
  • Sarina Kobel
  • Martina Minder
  • Nina Vögeli

Regionale Geschichte mitgestalten

Das Entsammlungsprojekt ist für alle da. Es involviert die regionale Bevölkerung sowohl in den Entscheidungsprozess, welche Gegenstände entsammelt werden, wie auch in die Wahl, an wen die ausgesonderten Objekte übergehen sollen.

Der Objektrat ist direkt in diese Entscheide involviert ist und bestimmt mit, ob ein Objekt entsammelt wird oder nicht bzw. wer ein Objekt erhält.

Das Projekt ist in drei Phasen unterteilt:

  1. In der ersten Projektphase wird auf ENTSAMMELN.CH darüber abgestimmt, welche Objekte das Museum verlassen sollen.
  2. In der zweiten Phase können sich alle – Museen, Institutionen, Vereine, Privatpersonen –, die sich für ein bestimmtes Objekt interessieren, mit einer Idee für eine Weiterverwendung bewerben.
  3. Worauf dann, in der dritten Phase, darüber abgestimmt wird, welche Bewerbungen die überzeugendsten sind. Am sogenannten Chüechlihus-Sunndig können die Gegenstände schliesslich von den neuen Besitzer:innen abgeholt werden.

Öffentliche Projektlancierung

Am Mittwoch, 3. April 2023, 17.30 Uhr, eröffnet das Regionalmuseum Chüechlihus (Bärenplatz 1, Langnau i.E.) seine Ausstellung zur Entsammlung 2024. Es präsentiert rund 400 Objekte, die nicht länger im Museum bleiben, im Dachstock. Zur dieser Veranstaltung sind alle Interessierten eingeladen, der Eintritt ist frei und ohne Voranmeldung. Das Motto #AltSuchtNeu wird an dem Abend von «Cello Inferno» und «Flink Arbaro» musikalisch interpretiert. Dazu gibt es kulinarische Köstlichkeiten in lebendiger Museumsatmosphäre.

Die Objekte sind von April bis September im Regionalmuseum Chüechlihus ausgestellt. Hier auf der Website sind alle Objekte sichtbar.

Anschauen und Mitbestimmen

Alle Emmentaler Einwohner:innen und Heimatberechtigte sind eingeladen, mitzuentscheiden: Ab April können sie hier darüber abstimmen, welche der ausgestellten Kulturgüter das Museum definitiv weggeben soll. Jede Stimme zählt!

Artikel auf Social Media teilen