Trog in der Sauna, Schubkarre in Szene gesetzt

Die Objekte aus der Entsammlung 2022

Zwischen Frühling und Herbst 2022 entliessen wir 116 Gegenstände aus der Sammlung des Regionalmuseums Chüechlihus. Die Bevölkerung wurde in diesen Prozess mit einbezogen und aufgerufen, Ideen für eine neue Verwendung der Objekte einzureichen. Es trafen über 200 Vorschläge ein. Insgesamt waren es 96 Bewerbungen, die überzeugten.

Museen und andere Institutionen, Vereine, Geschäfte und Privatpersonen durften im Herbst 2022 ihren Gewinn bei uns abholen. Sie erhielten die Wunschobjekte von uns und wollten den ehemaligen Sammlungsgegenständen in Zukunft neues Leben einhauchen.

Das neue Leben der ehemaligen Museumsobjekte

Was ist seither aus den Gegenständen geworden? Wo kommen die landwirtschaftlichen Geräte inzwischen zum Einsatz? Gibt es Objekte, die wieder in Betrieb genommen wurden? Wo sind die ehemaligen Sammlungsstücke untergebracht?

Wir haben bei den neuen Besitzer:innen nachgefragt. Die folgende Zusammenstellung wird regelmässig aktualisiert.

Flechtmuseum Thun

Das Flechtmuseum Thun hat den Korb aus der ehemaligen Sammlung des Regionalmuseums Chüechlihus entgegengenommen und ihn umgehend in eine neue Sonderausstellung des Museums integriert.

«Er hat ein schönes Plätzli erhalten.»

Woher der Korb ursprünglich kommt und ob er einen bestimmten Verwendungszweck hatte, ist weiterhin nicht bekannt. Die Museumsleiterin Therese Leutwyler recherchiert und hört sich bei ihren Fachkolleg:innen um. Sie hofft, bald mehr über die Geschichte des Korbes zu erfahren.

«Der macht sich richtig gut unter seinen geflochtenen Nachbar-Exponaten und ich habe grosse Freude daran.»

Wer daran interessiert ist, den Korb und andere geflochtene Exponate zu sehen: Die Sonderausstellung Von da nach dort ist ab April bis Oktober 2023 an jedem 4. Wochenende von 13.00 bis 17.00 Uhr offen.

Bohlenständerhaus Amriswil

Unser ehemaliger Bandwebstuhl ist gut am neuen Ort angekommen. Ein Teil des Objekts fehlt weiterhin und deshalb konnte das Gerät noch nicht in Betrieb genommen werden. Ziel sei es, so eine Vertreterin des Bauernmuseums, den Bandwebstuhl in der geheizten Stube des Hauses aufzustellen:

«Geplant war, dass wir ihn im Winter dort aufstellen, damit wir auch während der kalten Jahreszeit weben können. Unsere beiden Webstuben sind nicht genug warm, um darin im Winter zu arbeiten.»

Ein Teammitglied versucht den Bandwebstuhl nun an der fehlenden Stelle zu ergänzen, damit er eines Tages bedient werden kann.

Grosses Textilprojekt

Im vergangenen Jahr konnten wir unser Sieb in neue Hände übergeben und sind überwältigt, was daraus geworden ist. Zuerst musste das Sieb gereinigt und der Rost entfernt werden. Danach wurde es Teil eines grösseren Textilprojekts:

«Es wurde lange experimentiert, wie und mit welchem Garn und Muster das Sieb bestickt werden könnte. Eine spezielle Technik musste entwickelt werden, dieses grosses Objekt beidseitig dekorativ und stabil besticken zu können.»

Sobald die Stickerei fertig ist, entstehen Rostdrucke aus Papier und Stoff, die nach weiterer Bearbeitung Teil eines Textilbuches werden.

«Diese langsame und experimentelle Verfahren ermöglicht eine tiefe Verbindung mit dem Objekt. Es ist mir wichtig, dass das Ergebnis das Sieb grundsätzlich nicht ändern soll – alles kann rückgängig gemacht werden, und das Sieb erhält seine alte Funktion zurück.»

Es ist faszinierend, wie vielfältig ein Sieb genutzt werden kann.

«Ich mache mir Gedanken, die Dreidimensionalität, Licht und Schatten auszunutzen und das Sieb mit einer Glühbirne als Wand- oder hängendes Objekt verwenden. Es braucht noch mindestens ca. 2 Monaten, alles fertig zu stellen.»

Das Sieb wurde wiederbelebt und die Geschichte des historischen Objekts geht weiter.

Objekte der Milchwirtschaft

Das Bildungszentrum Emme hat vom Chüechlihus verschiedene historische Gegenstände übernommen. Die ehemaligen Museumsobjekte haben jetzt im Fachzimmer der Milchwirtschaft am Bildungszentrum Emme in Langnau ein neues Zuhause gefunden.

Brätzelieisen als Baumschmuck

Die Stiftung intact erweckte das 150-jährige Emmentaler Brätzelieisen aus dem Regionalmuseum Chüechlihus zu neuem Leben. In integrativer Arbeit entstanden aus dem historischen Gegenstand handgefertigte Porzellan-Anhänger. Wie kam es dazu und wie funktioniert die Idee, Keramikgüsse aus einem Brätzelieisen zu machen?

Die ganze Geschichte gibt es hier nachzulesen.

Diese Anhänger sind nicht nur schön anzusehen, sondern zeugen von authentischer Emmentaler Geschichte, die jetzt als neues Kulturgut fortgeschrieben wird. Im Laden der Keramikwerkstatt in Burgdorf, dem Onlineshop der Stiftung intact und im Museumsshop können der handgemachte Baumschmuck erworben werden (Bericht und Video zum Projekt auf BärnToday). Das historische Objekt findet so den Weg zurück in den einen oder anderen Langnauer- bzw. Emmentaler Haushalt.

Trog, um Brotteig zu kneten

Die neue Besitzerin dieses Objekts staunte nicht schlecht, als sie den Trog abschleifen wollte: In ihrem warmen Wohnzimmer schlüpften Holzwürmer! Doch davon liess sie sich nicht beeindrucken und teilte uns mit:

«Nun ist gemeinsames Saunieren angesagt.»
Sie suchte also eine Sauna, die exklusiv für den Trog reserviert wurde.
«Dies scheint die einzige chemiefreie Methode sein, um die Tiere loszuwerden. Bei aller Tierliebe – ich möchte sie nicht im Trog wissen, wo ich Brotteig knete.»
Um die Würmer zu beseitigen, die sich im Holz befinden, sollten im Kern des Materials eine Temperatur von 54° erreicht und dann rund eine Stunde gehalten werden. Funktioniert dies wie geplant, wird das Holz von der tapferen Trogbesitzerin weiter abgeschliffen. Ansonsten soll das historische Objekt als Vorlage eines neuen Trogs verwendet werden.
«Noch bin ich zuversichtlich, dass ich sie mit dieser Sauna-Massnahme retten kann.»

Aufbau eines Speichers

Bei diesem Projekt sind die Gegenstände bereits eingetroffen, die passenden Räumlichkeiten fehlen aber noch. Diese werden deshalb demnächst gebaut. Die neuen Besitzer möchten diesen Sommer in der Emmentaler Hügellandschaft einen ehemaligen Speicher wieder aufbauen.
«Ich werde den Speicher Abraham Spycher nennen, weil unser Weiler die Hintere Hämlismatt heisst und das schon seit 1361. Der Name geht auf Abrahamsmatte oder die Matte von Ham zurück. Auch dieser Abraham ist natürlich ein Vorfahre aller hier in der Gemeinde verwurzelten Familien.»
Ab Herbst werden die ehemaligen Objekte aus unserer Sammlung dort gezeigt.
«Ich freue mich, dass es schon bald losgeht und vor allem auf das Einrichten. Speziell auch mit den einmaligen Utensilien und Möbeln aus dem Chüechlihus!»

Vor den Toren des Schloss Hallwyl im Einsatz

Milchgebsen, Napf, Fätterli und Fusterli und Leiterwagen: Das Projekt «Abenteuer Zeitreise» konnte 2022 einige Gegenstände aus der Sammlung unseres Museums übernehmen. Die Objekte werden am neuen Ort als Requisiten und in der Vermittlungsarbeit verwendet.

Der dreiwöchige Anlass „Erlebnis Mittelalter – ein Gutshof entsteht“ vor den Toren des Schloss Hallwyl (in Kooperation mit dem Museum Aargau) lädt zu einem erlebnisreichen Besuch ein. Die ehemaligen Museumsstücke aus Langnau können dort besichtigt werden. Sie kommen vor allem in der Küche zum Einsatz.

Aktuelle Infos gibt es hier: abenteuer-zeitreise.ch

Milchgebse und Suppennapf

Freude herrscht am neuen Standort der Michgebse und des Suppennapfs:

«In diesen Minuten sind sie fertiggestellt und werden ihre neue Bestimmung finden :-)»

Die beiden Objekte sind im Aussenbereich eines Wohnhauses angebracht.

Mit der Fertigstellung wartete die neue Besitzerin jedoch bis im Frühjahr. Sie nahm sich Zeit, ergänzende Dekorationsstücke in Brockenstuben zusammenzutragen. Mit dem Resultat ist sie nun sehr glücklich.

Worfel und Getreidesieb am Schweizer Schlössertag

Die Gegenstände aus dem Emmental, die das Museum Schloss Burgdorf erhielt, kamen bereits zum ersten Mal zum Einsatz. An einem Grossanlass wurden sie in Szene gesetzt.

«Die beiden Langnauer Objekte sind auf dem Bild unten in der Ecke hinten links zu sehen.»

Die Worfel und das Getreidesieb ergänzten das Vermittlungsprogramm am Schweizer Schlössertag im Oktober 2022.

«Dabei ging es ums Dreschen und die Getreideverarbeitung allgemein.»

Im Museum Schloss Burgdorf gibt es regelmässig die Gelegenheit, die Objekte zu sehen. Schon bald sollen die Gegenstände wieder zum Einsatz kommen.

Schubkarre in Szene gesetzt

Diese Schubkarre überwinterte im Schöpfli der neuen Besitzerin. Erst kürzlich, an den ersten Frühlingstagen, wurde sie entstaubt und herausgeputzt. Im Sommer soll die Schubkarre noch weiter dekoriert, mit einer Plastikfolie ausgekleidet und bepflanzt werden.
«Sie hat knapp Platz unter dem Läubli, aber dies ist der einzige regengeschützte Ort. Ich freue mich sehr über dieses Geschenk und sogar mein Deko resistenter Freund hat wohlwollend genickt…😊»

Serviergefäss für Backwaren

Die Milchgebse ist ursprünglich ein Gegenstand zur Gewinnung von Rahm: Milch wird in das relativ flache Gefäss gefüllt und in einem kühlen Raum mit guter Luftzirkulation stehengelassen. Wenn das Fett an die Oberfläche steigt, kann es mit einer Schöpfkelle entfernt und so von der Milch getrennt werden.
Unsere ehemalige Emmentaler Milchgebse diente vermutlich einst diesem Zweck, wird inzwischen aber umgenutzt. Bei der neuen Besitzerin kam das Objekt bereits zur Weihnachtszeit zum Einsatz.
«Ich verwende sie als Serviergefäss für meine Backwaren. Hier eine zwei Aufnahmen vom letzten Advent mit Züpfe- Sternen.»
Glücklich ist, wer dabei war!

Holzschlitten im Umbau

Die Freude am Holzschlitten bei den neuen Besitzern ist sehr gross:

«Er eignet sich in unserer Stube ausgezeichnet als Dekoration, je nach Jahreszeit entsprechend geschmückt.»

Seit die Langnauer den Gegenstand im Spätsommer 2022 mit nach Hause nahmen, planen sie eine noch grössere Neuerung am Objekt: Sie verfolgen die Idee, den Schlitten in einen Salontisch umzuwandeln,

«Der «Umbau» mit Glasplatte auf dem Schlitten ist ein wenig knifflig und wir suchen noch nach der geeigneten Lösung.»

Wir drücken die Daumen, dass die Umwandlung zum Salontisch erfolgreich umgesetzt werden kann und freuen uns auf die Bilder.

Holzböcke kreativ aufgewertet

Erstaunlich, wie alte Objekte, die auf dem ersten Blick wenig hergeben, zu neuem Leben erweckt werden können. Unsere ehemaligen Holzböcke aus der Sammlung wurden aussergewöhnlich originell und mit sehr viel praktischem Gespür aufgewertet:
«Die alten Holzböcke, die wir bei der Entsammlungsaktion erhalten durften, sind mit einer aufgesetzten Konstruktion ergänzt und zu in verschiedener Höhe nutzbaren Steh- und Serviertischen geworden»
Sie stehen bei Anlässen im Tanz- und Eventlokal «drehpunkt» im Zentrum an der Dorfstrasse in Langnau i.E. im Einsatz.
«Die neue Verwendung gefällt, wir werden immer mal wieder darauf angesprochen, woher wir diese Tische haben…»

Hutschachtel und Brätzelieisen

Das Museum war ihr völlig unbekannt, doch dank dem Tipp einer Kollegin wurde sie 2022 auf unsere Entsammlung aufmerksam: die neue Besitzerin der historischen Hutschachtel und eines Brätzelieisens ist heute ist sie froh, mit dabei gewesen zu sein.

«Eure Entsammlungsaktion hat mich schwer beeindruckt und über meine beiden ergatterten Objekte freue ich mich sehr.»

Die Hutschachtel ist in ihrem Atelier in Köniz ausgestellt und ergänzt dort die Hutsammlung der Künstlerin.

Das Brätzelieisen ist ebenfalls im Einsatz. Der Holzofen muss nur noch angefeuert werden …

«Jedoch braucht es noch etwas mehr Erfahrung.»

Obwohl sich die neue Besitzerin mit der Herstellung von Waffeln bestens auskennt, stellt die Verwendung des Brätzelieisens eine Herausforderung dar. Es braucht eine andere Vorgehensweise — und an dieser wird nun getüftelt.

Weitere Objekte

  • Eines unserer ehemaligen Milchmelchterli wartet noch auf die frostfreie Zeit: «Ich will es mit einer Folie auskleiden und dann bepflanzen. Eventuell mache ich ein Kräuter-Milchmelchterli daraus.»
  • Die Bügeleisenstation konnte im Wohnbereich noch nicht aufgestellt werden. Die junge Familie erhielt Nachwuchs und plant nun einen «kindersicheren Ort». Dort soll die Bügeleisenstation bald einen gebührenden Platz finden.

Jetzt mitmachen und Objekt gewinnen

In diesem Jahr verlassen neue Gegenstände die Museumssammlung. Bei gewissen Objekten aus dem Museum ist es nicht sinnvoll, sie länger in einem Depot in Langnau aufzubewahren. Deshalb werden für diese Objekte neue Besitzer:innen gesucht. Vom 5. Mai bis 25 Juni 2023 können sich alle Interessierten auf die fast 2’000 Textilien, Accessoires und Co online bewerben — die besten Ideen gewinnen! Wer ein Objekt besitzen möchte, bewirbt sich online über ein Formular mit einem kurzen Text, Video oder einer Skizze.

Bevölkerung erhält Kulturgut zurück

Vom 7. Juli bis 13. August 2023 stimmt dann die Emmentaler Bevölkerung darüber ab, welche Ideen am meisten überzeugen. Die Gewinner:innen werden persönlich benachrichtigt. Am 3. September, am Chüechlihus-Sundig, können die alten Objekte dann von den neuen Besitzer:innen kostenlos abgeholt werden.

Das Kulturgut aus dem Oberemmental erhält damit an einem anderen Ort die Chance auf ein neues Leben.

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